Unsere Projekte
ANNUAL CONFERENCE ON EUROPEAN TORT LAW (“ACET”) and „EUROPEAN TORT LAW YEARBOOK“
Im Rahmen der Annual Conference on European Tort Law (ACET) werden die aktuellsten Entwicklungen im Schadenersatzrecht der verschiedenen Rechtsordnungen präsentiert, diskutiert und rechtsvergleichend analysiert. Die nationalen Präsentationen beruhen auf ausführlichen Länderberichten, die von Wissenschaftler:nnen aus den jeweiligen Rechtsordnungen verfasst und gemeinsam mit einem rechtsvergleichenden Bericht im „European Tort Law Yearbook“ veröffentlicht werden. Neben den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (mit Ausnahme von Luxemburg) sind auch Norwegen, die Schweiz und Israel vertreten. Die nationalen Berichte werden durch einen rechtsvergleichenden Bericht sowie eine Darstellung der Entwicklungen auf europäischer Ebene komplettiert. Im Rahmen der Konferenz wird zudem jährlich ein neues schadenersatzrechtliches Spezialthema rechtsvergleichend aufgearbeitet.
Die „23rd Annual Conference on European Tort Law. Essential information on court practice and legislation in the area of tort law in 2023“ fand am 4./5. April 2024 im Festsaal der Österreichischen Akademie der Wissenschaften statt. Umfassende Länderberichte werden im Jahrbuch „European Tort Law 2023“ veröffentlicht (Herbst 2024 bei De Gruyter) und die wesentlichen Gerichtsentscheidungen wurden in der weltweit einzigartigen Datenbank „Eurotort“ kostenlos zugänglich gemacht.
Das Thema der diesjährige „special session“ war die Produkthaftung. Die Ergebnisse dieser „special sessions“ wurden in einem Sonderband des Journal of European Tort Law (JETL), Heft 2/2024, 107-172, veröffentlicht (Gastherausgeber: Barbara C Steininger). Die 24th Annual Conference on European Tort Law wird am 24./25. April 2025 stattfinden.
China Schwerpunkt: FAULT-BASED AND STRICT LIABILITY und WORLD TORT LAW SOCIETY (WTLS)
Durch internationale Kooperationen strebt das ESR die Aufrechterhaltung des globalen Diskurses an. Dem Dialog mit dem chinesischen Rechtssystem dient das Sino-European Private Law Forum, das 2001 gemeinsam mit der Universität Yantai gegründet wurde, an der der Direktor des ESR seit 2016 auch als Gastprofessor bestellt ist. Eine Publikation des jüngsten im Rahmen des Sino-European Private Law Forum entstandenen Sammelbandes „Fault-based and strict liability“ ist für Herbst 2024 geplant. Dem allgemeinen Dialog mit nichteuropäischen Staaten dient eine Kooperation mit der World Tort Law Society (WTLS), die 2012 von der Renmin University, einer der führenden juristischen Fakultäten Chinas, gemeinsam mit dem ESR und dem European Centre of Tort and Insurance Law (ECTIL) sowie mit Unterstützung von Mitgliedern des American Law Institutes (ALI) gegründet wurde. Der WTLS gehören 30 renommierte Forscher:innen aus allen Teilen der Welt an; der Direktor des ESR ist Mitglied ihres Executive Committee.
HAFTUNG FÜR AUTONOME SYSTEME UND ARTIFICIAL INTELLIGENCE (AI)
Die öffentlichkeitswirksame Debatte um die rechtliche und moralische Verantwortung für den Einsatz künstlicher Intelligenz wird auch vom ESR begleitet, wobei die Haftung für durch AI verursachte Schäden im Mittelpunkt steht. Der Direktor des Institutes war Mitglied bei der von der europäischen Kommission eingerichteten „Expert Group on New Technologies“, die zwischenzeitlich ihren Endbericht vorgelegt hat. Der wichtigste Meilenstein in diesem Forschungsfeld war die Veröffentlichung eines im Auftrag der europäischen Kommission verfassten Gutachtens: M.A. Geistfeld/E. Karner/B.A. Koch/C Wendehorst (Hrsg.), Civil Liability for Artificial Intelligence and Software, Berlin: De Gruyter (2023) 407 S. Außerdem wurde zur neuen Produkthaftungsrichtlinie im JTEL folgendes Special Issue veröffentlich: Product Liability (Gastherausgeber: Barbara C Steininger). Der AI-Schwerpunkt wird auch in Zukunft weiterverfolgt und vertieft, wobei insbesondere die Entwicklung auf europäischer Ebene beobachtet und durch Publikationen wissenschaftlich begleitet werden soll. Der Direktor des ESR ist überdies Mitglied der beim BMJ eingerichteten Arbeitsgruppe zur Beurteilung der AI-Richtlinienvorschläge.
AUSWIRKUNG BEGRENZTER FINANZIELLER MITTEL AUF DIE HAFTUNG VON KRANKENANSTALTEN
Ein auf drei Jahre angelegtes Projekt untersucht rechtsvergleichend, wie sich die Sorgfaltspflichten von Krankenanstalten durch begrenzte finanzielle Mittel verändern. Im Fokus stehen dabei die von Ärzt:innen sowie dem Krankenhausmanagement vorzunehmende Ressourcenverteilung und die damit verbundenen rechtlichen und ethischen Implikationen. Die juristische Analyse beschränkt sich dabei nicht auf das Zivilrecht, sondern bezieht öffentlich-rechtliche, strafrechtliche, rechtsethische sowie rechtsökonomische Aspekte mit ein; überdies konnten Projektmitarbeiter:innen aus der medizinischen Praxis gewonnen werden. Das interdisziplinäre Projekt wird vom Direktor des ESR gemeinsam mit dem Medizinrechtsexperten Prof. Stöger, Universität Wien, geleitet und wurde durch die Ausarbeitung und Aussendung des Questionnaires an das internationale Projektteam 2023 gestartet.
HAFTUNG IN LIEFERKETTEN, INSBESONDERE FÜR MENSCHENRECHTSVERLETZUNGEN
Die Produktion von Waren und die Gewinnung von Rohstoffen erfolgt häufig in Ländern des globalen Südens, in denen die Sozial- und Umweltstandards regelmäßig niedrig sind. Dies führt zu Kollateralschäden durch Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden. Sowohl vor Gericht als auch auf Ebene der Gesetzgebung wird in verschiedenen europäischen Rechtsordnungen versucht, mit Mitteln des Haftungsrechts eine Verbesserung dieser Situation herbeizuführen. Einen Grundstein für die Auseinandersetzung mit der Problematik von Absatzketten hat das Institut bereits mit einer Monographie zum allgemeinen Geflecht der Rechtsbeziehungen zwischen Kunden, Händlern und Herstellern gelegt: H. Koziol, Mehrstufiger Warenverkehr, Wien: Jan Sramek (2021) 317 S. Vor dem Hintergrund einiger Unsicherheiten bezüglich der Umsetzung einer diesbezüglichen EU Richtlinie haben sich die Projektvorbereitungen verzögert. Nunmehr ist 2024 mit der Verabschiedung der Corporate Sustainability Due Diligence Directive zu rechnen, auf deren Basis das besonders aktuelle und gesellschaftspolitisch bedeutsame Problem der Menschenrechtsverletzungen in globalen Lieferketten im Rahmen eines eigenständigen Projekts untersucht wird. 2023 sind Vorarbeiten für eine Tagung zum Thema am 18. Oktober 2024 in Graz in Kooperation mit dem Ludwig Boltzmann Institut für Grund- und Menschenrechte erfolgt.
DIGEST IV HAFTUNGSBEGRENZUNGEN
Dieses vierte Projekt in der Reihe „Digest of European Tort Law“ analysiert das Thema der „Haftungsbegrenzungen“ umfassend rechtsvergleichend auf Basis höchstgerichtlicher Entscheidungen aus 27 europäischen Rechtsordnungen (beinahe allen EU-Mitgliedstaaten und ausgewählten Nicht-EU-Mitgliedstaaten) sowie Urteilen des Europäischen Gerichtshofes. Ergänzt wird die Forschung durch einen rechtshistorischen Bericht sowie einen Vergleich mit bereits bestehenden Harmonisierungsentwürfen. Wie schon die ersten drei Digesten-Bände, die sich den Themenbereichen der „natürlichen Kausalität“, des „Schadens“ sowie der Rechtswidrigkeit und des Verschuldens (zusammengefasst unter dem Oberbegriff „Misconduct“) widmeten, soll auch dieser Band einen Beitrag zum besseren Verständnis und zu einer Harmonisierung des Schadenersatzrechts in Europa leisten.
Die Studie zu Digesten IV wird, wie die vorausgegangenen drei Digesten-Projekte, vom Wissenschaftsfonds (FWF) gefördert (P 33095-G); der Förderantrag des ESR wurde im November 2019 vom FWF genehmigt. Wie bei Band III wird auch die Untersuchung zu Digesten IV von Ernst Karner (ESR, ECTIL und Universität Wien) geleitet. Der Koordinationsgruppe gehören neben Ernst Karner die folgenden international herausragenden und renommierten Schadenersatzrechtler an: Bjarte Askeland (Appellationsgericht, Bergen), Elena Bargelli (Universität Pisa), Martin A Hogg (National University of Ireland Galway) und Bénédict Winiger (Universität Genf). Das Projekt wird am ESR wissenschaftlich und – in Kooperation mit der Universität Genf – organisatorisch betreut.
Wie bei den Digesten-Studien I-III werden auch die Resultate dieser Forschung in der „Digest of European Tort Law“ Reihe beim Verlag De Gruyter (Berlin/Boston) publiziert. Da sich die Fertigstellung einiger Jurisdiktionsberichte auch aus Gründen, die nicht im Einflussbereich der betroffenen Autorinnen und Autoren lagen, verzögert hat, gewährte der FWF eine kostenneutrale Verlängerung der Projektlaufzeit bis Ende 2023, wodurch die verbleibenden Länderberichte rechtzeitig abgeschlossen werden konnten. Zudem wurden alle vergleichenden Berichte erstellt: in einem Bericht wurden die Ergebnisse aus den Länderberichten mit den Principles of European Tort Law (PETL) und dem Draft Common Frame of Reference (DCFR) verglichen; in weiteren Berichten wurden zu jeder Frage im Fragebogen die Ergebnisse in den Länderberichten vergleichend dargestellt. Die Publikation wird 2024 erscheinen.
EUROTORT-DATABASE
Mit der Eurotort-Database betreibt das ESR ein einzigartiges Recherchetool, das die wichtigsten schadenersatzrechtlichen Gerichtsentscheidungen aller EU-Mitgliedsstaaten in englischer Sprache kostenfrei zugänglich macht. Da das Haftungsrecht der europäischen Union nur in Teilbereichen vereinheitlicht ist, kommt der Sammlung nationaler Judikate für die Weiterentwicklung des europäischen Schadenersatzrechts größte Bedeutung zu. Um einen unwiederbringlichen Datenverlust zu verhindern und die Handhabung noch einfacher und intuitiver zu gestalten, ist ein Relaunch der Database, die derzeit mehr als 5000 Entscheidungen aus 30 Rechtsordnungen enthält, erforderlich. Mit den nötigen Arbeiten, die in Kooperation mit dem ACDH-CH der ÖAW erfolgen, wurde 2023 begonnen; sie sollen bis Ende 2025 abgeschlossen sein.
RECHTSZUWEISUNG, GÜTERZUORDNUNG UND DEREN SCHUTZ
Rechtsordnungen weisen Personen Güter (etwa Leben und Gesundheit, Eigentum, persönliche Freiheit, Forderungsrechte) zu. Projektleiter Helmut Koziol (ESR, ECTIL) untersucht monographisch den Inhalt und die Reichweite der Zuordnungen, die notwendigen und für Dritte zumutbaren Schutzinstrumente (etwa Abwehrrechte, Schadenersatz- und Bereicherungsansprüche, strafrechtliche Sanktionen), die von der Rechtsordnung bereitstellt werden, sowie allfällige Schutzlücken und Widersprüche im Güterschutzsystem. Im Jahr 2023 wurde ein Entwurf der Monographie erstellt und intern diskutiert. Die Monographie ist 2024 bei Jan Sramek, Wien erschienen.
DIFFERENZIERTES BAUMGEFAHRENMANAGEMENT IN ÖSTERREICHISCHEN NATIONALPARKS
Im Rahmen dieses von ESR in Zusammenarbeit mit ECTIL und den Nationalparks Austria durchgeführten Forschungsprojekts untersucht Ernst Karner die Haftung für Bäume und Wälder, die in den letzten Jahren – gerade im Hinblick auf den Schutz der Umwelt und die Bekämpfung der Klimakrise – verstärkt in den Fokus gerückt ist. Durch ein differenziertes Baumgefahrenmanagement liegt das Schwergewicht der Untersuchung insbesondere auf den gegensätzlichen Zielvorgaben in den Nationalparkgesetzen – nämlich einerseits dem möglichst unberührten Erhalt von wertvollen Naturschutzlandschaften und andererseits dem Bildungszweck und den terrainistischen Zielvorstellungen (die auch gewisse Sicherungsmaßnahmen erfordern) – die miteinander möglichst optimal in Einklang zu bringen sind. Diese Studie besteht aus drei Teilen: erstens einem von Karoline Zsak, einer führenden Mitarbeiterin der Nationalparks Donau-Auen, ausgearbeiteten Konzept aus arboristischer Sicht, zweitens einer umfassenden rechtlichen Begutachtung dieses Konzepts durch Ernst Karner und drittens einer Übersicht über die wichtigsten Gerichtsurteile von Karl-Heinz Danzl (Hon-Prof Innsbruck, ehemaliger Präsident des 2. Senats des Obersten Gerichtshofs).
Die Studie wurde gemeinsam mit den Nationalparks Austria in einer deutschsprachigen Publikation (Autoren: Ernst Karner/Karoline Zsak; Baumgefahrenmanagement in österreichischen Nationalparks; 159 pp) 2023 beim Jan Sramek Verlag (Wien) veröffentlicht und so einem größeren Publikum zugänglich gemacht. Am 18. Oktober 2022 stellte zudem Ernst Karner beim 15. ZVR-Verkehrsrechtstag die aktuellsten Forschungsergebnisse vor. In zwei Vorträgen beschäftigte er sich mit der Haftung in städtischen Gebieten, Wäldern und Naturschutzgebieten. Die Ergebnisse wurden im ZVR-Sonderheft 1a/2023, 67 ff, veröffentlicht.
PANDECMICS - LIABILITY AND INSURANCE
ESR und ECTIL haben das 19th Joint Seminar der International Association for the Study of Insurance Economics (The Geneva Association) und der European Association of Law and Economics (EALE) zum Thema „Pandemics – Liability and Insurance“ veranstaltet. Das Projekt wurde von Ernst Karner (ESR, ECTIL und Universität Wien), Christophe Courbage (Geneva School of Business Administration) und Michael Faure (METRO, Erasmus University Rotterdam) geleitet. Die Vorträge im Rahmen dieses Seminars befassten sich mit den haftungsrechtlichen Implikationen von Pandemien für die (Rück)Versicherungsbranche. Im Februar 2022 wurden 13 Abstracts ausgewählt und deren Autoren eingeladen umfassende Papers im Rahmen des Seminars zu präsentieren. Die Papers wurden im Frühjahr 2022 abgeliefert und das Seminar fand von 23. bis 24. Juni 2022 in Wien statt. Eine Auswahl der im Rahmen der Veranstaltung präsentierten Papers wurde 2023 in einem Special Issue der „Geneva Papers on Risk and Insurance — Issues and Practice“ bei Palgrave (London) veröffentlicht.